Kriterien der Wissenschaftlichkeit: Was bedeutet wissenschaftlich?

Die Kriterien der Wissenschaftlichkeit sind zugleich die wichtigsten Bewertungskriterien akademischer Abschlussarbeiten. Durch deren Einhaltung kommst du leichter, schneller und besser ans Ziel. Nach Ehrlichkeit, Objektivität, Überprüfbarkeit, Reliabilität, Validität und Verständlichkeit geht’s in diesem vierten Teil um Relevanz, Argumentationslogik und Originalität.

Wichtig ist, dass du den Zusammenhang zwischen den verschiedenen Kriterien der Wissenschaftlichkeit verstehst, um ein Gesamtverständnis der wissenschaftlichen Methode und eine eigenständige wissenschaftliche Arbeitsweise zu entwickeln.

7. Kriterium der Wissenschaftlichkeit: Relevanz

Relevanz
7. Kriterium der Wissenschaftlichkeit: Relevanz

Wofür sollte deine Abschlussarbeit bedeutsam sein? Vor allem für dein Thema, aber auch für deine Fachdisziplin und bestenfalls für die Gesellschaft.

Denn wie einer der genialsten Köpfe des vergangenen Jahrhunderts formulierte:

»Science is but a perversion of itself unless it has as its ultimate goal the betterment of humanity.«

Nikola Tesla (1856–1943)

Herausforderung Relevanz

Relevanz beginnt bei der Themenfindung, setzt sich über die Gliederung und Quellenarbeit fort und endet beim praktischen oder theoretischen Nutzwert deiner Abschlussarbeit.

Eine Problemstellung, die nicht hinreichend komplex, aktuell und relevant ist, erfüllt nicht die Kernkriterien für eine wissenschaftliche Problemstellung. Deshalb beschreibst du gleich beim Aufwerfen der Problemstellung, weshalb das untersuchte Problem diese drei Kriterien erfüllt.

Dein methodisches Vorgehen richtet sich nach der Aufgabenstellung, um zum wissenschaftlichen Fortschritt beizutragen oder ein praktisches Problem zu lösen.

Ganz am Schluss im Fazit legst du nochmal dar, inwiefern deine Abschlussarbeit nun für die Erforschung des Themas und für deine Fachdisziplin von Nutzen ist. Idealerweise schlägt der allerletzte Satz deines Fazits die Brücke zum gesellschaftlichen Nutzen: Was bringt die Erforschung des Themas?

Du erkennst selbst: Ist das gewählte Thema belanglos, schreibst du am Thema vorbei, trägst du lediglich Informationen aus journalistischen Quellen, Unternehmensbroschüren und Wikipedia zusammen, statt neues Wissen zu schaffen, und löst du weder ein praktisches noch ein theoretisches Problem, dann ist deine Abschlussarbeit irrelevant und somit unwissenschaftlich.

Wie du für Relevanz sorgst

Bereits anhand der obigen Ausführungen wird ersichtlich, dass die Einhaltung des Kriteriums Relevanz viel mit der Zielgerichtetheit deiner Abschlussarbeit zu tun hat. Damit können wir nun die Hinweise von Balzert, Schröder und Schäfer (2017) sogar noch erweitern.

Relevanz betrifft dein Thema und deren Bearbeitung, die Gliederung deiner Thesis und deine strategische Vorgehensweise, den Informationswert deiner Ergebnisse und die Präsentation deiner Erkenntnisse, deine Einleitung, deine Quellenarbeit, die Kapiteleinleitungen und dein Fazit.

Das geeignete Thema kannst du nur nach einer extensiven (d. h. umfassenden, in die Breite gehenden) und intensiven (d. h. gründlichen, in die Tiefe gehenden) Recherche identifizieren, bei der du kritisch nach Wissenslücken fragst.

Nachdem du dir einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand erarbeitet hast, findest du dein Wunschthema in der Schnittmenge zwischen deinen Interessen und dem Forschungsdesiderat, d. h. dem Forschungsbedarf.

Die Herausforderung bei der Themenfindung besteht darin, zwei entgegengesetzte Forderungen zu erfüllen: Einerseits sollst du mit neuem Wissen zum Fortschritt der Wissenschaft beitragen, andererseits solltest du möglichst pragmatisch vorgehen und ein eng definiertes Thema wählen, zu dem du genügend Literatur findest und das du in der vorgegebenen Zeit bearbeiten kannst.

Wie Professor Harald Mieg in seinem empfehlenswerten Online-Kurs feststellt, gibt es heute kaum ein Thema, zu dem man gar keine Literatur findet. Meine Erfahrung bestätigt das: »Aber ich finde nichts dazu!« besagt in aller Regel, dass die jeweilige Person nicht gut genug recherchiert.

Ob man die Recherchetechniken nicht beherrscht, unsicher und überfordert oder zu bequem ist, die Gründe dafür können vielfältig sein. Man muss sich schon einlesen, um überhaupt ein Gefühl dafür zu bekommen, was relevant ist und was nicht. Denke auch um die Ecke statt zu erwarten, dass die Literatur deine spezifische Forschungsfrage vollständig für dich beantwortet. Mehr dazu im Coaching …

Die Bearbeitung des Themas und deine Ergebnisse sollen relevant sein. Die Informationen, die du in deiner Abschlussarbeit präsentierst, sollten einen entsprechend hohen Informationswert haben, d. h. nicht allzu trivial sein. Im Idealfall geht aus ihnen ein praktischer Nutzwert hervor. Grundsätzlich müssen sie immer belegt, begründet und überprüfbar sein.

 An jeder Stelle deiner Abschlussarbeit muss der relevante Bezug deutlich aufleuchten. 

Die Überprüfbarkeit haben wir bereits im ersten Teil dieser Artikelserie erläutert. Nicht überprüfbare Quellen sind nicht zitierfähig. Qualitativ minderwertige (unwissenschaftliche) Quellen sind nicht zitierwürdig.

Statista kann beispielsweise durchaus relevante Informationen bieten, ist aber als wissenschaftliche Quelle ungeeignet. Hochwertige wissenschaftliche Quellen mit starkem Bezug zu deinem Thema liefern dir hingegen bereits überprüftes Wissen und tragen zur Relevanz deiner Thesis bei.

Beim wissenschaftlichen Schreiben versuchst du zudem nicht, etwas zu beweisen. Vielmehr solltest du offen eine bestimmte Fragestellung untersuchen, um etwas herauszufinden.

Dabei gilt: Qualität vor Quantität! Statt ständig nach Seitenzahlen zu fragen, solltest du dich auf relevante und hochwertige Ergebnisse konzentrieren.

Insofern sind nicht nur jene Ergebnisse von Belang, die deine These bestätigen, sondern auch solche, die sie widerlegen. Negative Befunde helfen der wissenschaftlichen Community bei der weiteren Erforschung deines Themas.

Deine Checkliste zur Einhaltung der Relevanz

  • Zum gewählten Thema existiert ein Forschungsdesiderat.
  • Die Fragestellung zielt genau in diese Forschungslücke.
  • Die Gliederung und das methodische Vorgehen leiten sich unmittelbar aus der Fragestellung ab.
  • Die herangezogenen Materialien (inkl. Quellen) und die präsentierten Ergebnisse haben einen hohen Informationswert und einen klaren Bezug zum Thema.
  • Von der Einleitung bis zum Fazit wird an jeder Stelle deutlich, was die Aussagen mit der Aufgabenstellung zu tun haben und wozu du gerade was tust.
  • Die Thesis erweitert das Wissen deines Fachbereichs über das bearbeitete Thema.
  • Deine Abschlussarbeit liefert einen erkennbaren praktischen oder theoretischen Nutzwert für dein Fachgebiet sowie für Wissenschaft und Gesellschaft, indem sie zur Lösung eines spezifischen Problems beiträgt.

8. Kriterium der Wissenschaftlichkeit: Argumentationslogik

Argumentationslogik
8. Kriterium der Wissenschaftlichkeit: Logische Argumentation

Mangelnde Logik lässt sich niemand gern vorwerfen. Viele Menschen nehmen derartige Kritik persönlich und scheinbar an, ihre Logik sei immer lupenrein. Das offenbart schlicht einen eklatanten Mangel an Bildung und Selbsterkenntnis.

  • Die schlechte Nachricht: Fehlschlüsse und kognitive Verzerrungen gehören zu den unvermeidbaren Folgen unserer kognitiven Architektur. Niemand ist vollständig davor gefeit.
  • Die gute Nachricht: Kennt man die Fehlerquellen und die Struktur logischer Fehler, kann man die Fehlerrate durch erhöhte Achtsamkeit und Sorgfalt minimieren.

»Irren ist menschlich, aber auf Irrtümern zu bestehen ist teuflisch.«

Herausforderung Logik der Argumentation

Wissenschaft hat logisch zu sein. Deshalb musst du in deiner Abschlussarbeit logisch sauber argumentieren.

Aber was genau ist denn eigentlich ein Argument?

Ein Argument ist eine Kette von Aussagen, mit denen man aus einer Prämisse oder aus mehreren Prämissen eine Konklusion ableitet. Das heißt, aus vorausgesetzten Annahmen wird eine logische Schlussfolgerung gezogen. Insofern zählt die Richtigkeit der Prämissen genauso wie das korrekte Schlussfolgern.

Grundsätzlich können Argumente induktiv oder deduktiv sein: Entweder wird aus Einzelfallbeobachtungen induktiv auf das Ganze geschlussfolgert, d. h. vom Besonderen auf das Allgemeine geschlossen. Oder die Schlussfolgerung ergibt sich deduktiv zwingend aus den Begründungen: Vom Allgemeinen wird auf das Besondere geschlossen.

Induktiv wäre z. B. folgendes Argumentationsmuster: »Alle Schwäne, die ich bislang gesehen habe, waren weiß (Prämisse). Folglich sind wahrscheinlich alle Schwäne weiß (Konklusion).«

Deduktiv wäre hingegen: »Alle Menschen sind sterblich (Prämisse 1) und da ich ein Mensch bin (Prämisse 2), muss ich ebenfalls sterblich sein (Konklusion).«

Mittels Logik können wir prüfen, ob ein Argument widerspruchsfrei und folgerichtig ist. Daher solltest du dich eigenständig mit der (formalen) Logik auseinandersetzen, um logisch zu argumentieren und (zumindest formale) Fehlschlüsse zu vermeiden.

Formale Fehlschlüsse sind jene, zu denen man durch eine fehlerhafte logische Struktur gelangt, sodass die Argumentation den Prinzipien der Logik widerspricht.

Deine Prämissen können aber selbst bei einwandfreier Logik falsch sein, womit du einem informalen Fehlschluss unterlägest. Vor diesen Fehlschlüssen musst du dich besonders in Acht nehmen, weil sie schlüssig und logisch überzeugend wirken können.

Beispiel für einen informalen Fehlschluss: »Alle Götter sind unsterblich (Prämisse 1) und da ich ein Gott bin (Prämisse 2), muss ich ebenfalls unsterblich sein (Konklusion).« Logisch ist diese Argumentation korrekt, obwohl sie aufgrund falscher Prämissen falsch ist.

Welche weiteren Beispiele findest du im Netz? Welche fallen dir selbst ein?

Absichtliche Scheinargumente finden sich vor allem in der Politik und bei gesellschaftlichen Debatten, insbesondere bei Online-Diskussionen. Einige Beispiele hierfür benennt »Der Doktorant«.

Eine verständliche Übersicht über diverse Typen von Fehlschlüssen gibt dieses PDF des Wiener Philosophen Frederik Gierlinger. Auf dieser Website kann man sich spielerisch durch verschiedene Fehlschlüsse klicken, auf dieser durch diverse kognitive Verzerrungen.

Die Scheinkausalität, der Zielscheibenfehler und die Zirkularität gehören zu den häufigeren Fehlertypen der Argumentationslogik. Nachfolgend beschreibe ich diese drei Fälle daher etwas anschaulicher.

Fehlschluss 1: Scheinkausalität

 Korrelation ist nicht Kausalität!  Anders formuliert: Nur weil Ereignisse zeitlich oder räumlich zusammenfallen oder aufeinander folgen und bloß weil die Elemente eines Systems korrelieren, sollte man nicht unterstellen, dass eine Ursache-Wirkungs-Beziehung vorliegt. Auf der Website Spurious Correlations sind 30.000 Beispiele zusammengetragen, die dir ein gutes Gefühl dafür geben.

Hier ist ein peinlicher Fachartikel aus einem namhaften Journal, der ein gutes Beispiel für schlechte Wissenschaft abgibt: Anhand der Korrelation der Anzahl von Nobelpreisträgern pro Land mit dem Schokoladenkonsum versucht der Autor sein Argument zu stärken, Schokolade mache schlau. Kann schon sein, dass Schokolade gut für das Gehirn ist, aber das ist nicht der Weg, diese These wissenschaftlich zu untermauern.

Fehlschluss 2: Zielscheibenfehler

Das menschliche Gehirn liebt Muster (pathologisch ausgeprägt bei Apophänie), was besonders beim »Data-Mining« in Zeiten von »Big Data« (Analyse riesiger Datensätze) zur Vorsicht mahnen sollte. Denn: Genauso wenig wie Korrelation dürfen weder Häufigkeiten noch Ähnlichkeiten mit Kausalität verwechselt werden! Man darf sich nicht die erwünschten Daten herauspicken und Schein-Cluster bilden, während man die Unterschiede und Zufälligkeiten ignoriert (Clustering-Illusion).

Da diesem Fehlschluss gleich zwei Urteilsheuristiken (Bestätigungsfehler und Repräsentativitätsheuristik) zugrunde liegen, muss man hier besonders aufpassen.

Der Name des Zielscheibenfehlers (engl. Texas Sharpshooter Fallacy) rührt übrigens von der Metapher eines Möchtegern-Scharfschützen her, der wild durch die Gegend schießt und dann einen Cluster seiner Treffer als die Mitte seiner Zielscheibe einkreist.

Fehlschluss 3: Zirkularität

Letztens war ich mit dem Lektorat einer Bachelorarbeit betraut, deren Hauptargument zirkulär war: Anhand ausgewählter Kriterien wurden Kategorien gebildet, um mit den Kategorien die Allgemeingültigkeit der gewählten Kriterien zu belegen. Die Schlussfolgerung brauchte die Kategorien, um aus ihnen hervorgehen zu können – ein klassischer Zirkelschluss.

Dass die Konklusion bereits in den Prämissen enthalten ist, geht natürlich nicht an! Die Argumentation fällt wie ein Kartenhaus in sich zusammen, wenn man zweimal kritisch nachfragt:

»Wie kommst du auf diese Konklusion?«

»Durch die gewählten Kriterien.«

»Wieso gerade diese Kriterien?«

»Weil die Konklusion diese nahelegt.«

Trotz der knappen Zeit konnten wir in einer gemeinsamen Anstrengung diesen gravierenden Fehler beheben. Achte auf Stringenz, Konsistenz und Kohärenz in deiner Abschlussarbeit!

Wenn dir jetzt schon der Kopf brummt: Hier ist eine taxonomische Übersicht aller logischen Fehlschlüsse samt Beispielen und Erläuterungen. 😮

Die vielen Fehlschlüsse können ganz schön tückisch und verwirrend sein. Falls das alles neu für dich sein sollte, lassen sich leichte Kopfschmerzen nicht vermeiden. Danach wird es erstmal noch schlimmer, weil du plötzlich in allen gesellschaftspolitischen (Schein-)Debatten deine Intelligenz beleidigt siehst.

Durch die Beschäftigung mit Fehlschlüssen und kognitiven Verzerrungen gewinnst du dafür aber die nötige Sensibilität, um eine gute Abschlussarbeit zu verfassen, dich Kraft deines kritischen Denkvermögens generell weniger täuschen zu lassen und vielleicht sogar den bedenklichen Entwicklungen unserer gesellschaftlichen Debattenkultur mit deiner Geisteskraft entgegenzuwirken.

Wie du logisch sauber argumentierst

Schritt 1 A: Entwickle und bewahre stets eine kritische und skeptische Grundhaltung, mit der du sowohl eigene als auch fremde Argumente hinterfragst.

Bedenke dabei jedoch, dass der persönliche Mangel an Verständnis komplexer Prozesse keine hinreichende Begründung darstellt, ein Argument abzulehnen.

Schritt 1 B: Setze dich mit Argumentationslogik, Fehlschlüssen und kognitiven Verzerrungen etwas intensiver auseinander. Dies versetzt dich in die Lage, klarer und kritischer zu denken, wovon du dein ganzes Leben lang und in allen Lebensbereichen deutlich profitieren wirst.

Wir haben das Glück, im Informationszeitalter zu leben. Bereits eine oberflächliche Online-Recherche im Internet eröffnet dir eine Welt von Informationen und Übungsmaterialien, die dich weiterbringen. Beispielsweise findest du das komplette Hörbuch von Daniel Kahnemans »Thinking, fast and slow« oder die Vorlesungsreihe von Prof. Paul Hoyningen-Huene zur Logik auf YouTube.

Kurzer Exkurs zum Thema kognitive Verzerrungen und zur Frage »Wie soll ich mir das alles merken?«

Musst du nicht. Wichtig ist, dass du die Mechanismen verstehst und ein Problembewusstsein entwickelst.

Kognitive Verzerrungen beruhen auf vier Hauptproblemen, wie Buster Benson erläutert:

  1. Zu viel Info: Wir filtern Informationen, um kognitive Überlastung zu vermeiden. Dadurch erkennen wir nicht alles: Rauschen wird zum Signal.
  2. Nicht genug Bedeutung: Wir geben der Welt Bedeutung und füllen dabei Lücken auf. Dadurch konstruieren wir Geschichten: Signal wird zur Story.
  3. Rasch agieren müssen: Um schnell handeln zu können, fällen wir vorschnell Entschlüsse. Dadurch machen wir Fehler: Geschichten werden zu Entscheidungen.
  4. Selektive Speicherung von Informationen: Wir merken uns nur (für uns) Wichtiges. Dadurch verstärkt unser Gedächtnis unsere Fehler: Entscheidungen werden zur Grundlage unserer mentalen Modelle der Welt um uns.

Schritt 2: Fehler bei der Erhebung und Auswertung der Daten kann man kurz vor dem Abgabetermin kaum noch geradebiegen. Überlege dir deshalb schon beim Forschungsdesign, welche logischen Widersprüche auftreten können und wie diese sich im Vorfeld vermeiden lassen.

Achte dabei auf objektive, reliable und valide Methoden und Ergebnisse. Vernachlässige außerdem niemals die Kontrollgruppe, sofern dein Forschungsdesign diese erforderlich macht!

Durch Umfragen, Experimente und statistische Auswertungen schaffst du induktiv neues Wissen, das mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit stimmt. Wie diese Wahrscheinlichkeit ausgeprägt ist, solltest du in der Diskussion und im Fazit kritisch reflektieren.

Natürlich sollst du durch Datenanalysen Zusammenhänge, Muster und Cluster identifizieren. Nur die kausale Konklusion hieraus ist oft problematisch. Stattdessen solltest du tendenziell eher Hypothesen bevorzugen, die wiederum mit einem anderen Datensatz zu überprüfen sind.

Schritt 3: Argumentiere logisch sauber und prüfe deine Argumente besonders auf informale Fehlschlüsse, die sich leicht einschleichen können.

Zum einen solltest du deine Aussagen belegen und begründen, zum anderen solltest du darauf achten, dass deine Aussagen gültig (wahr) und sowohl untereinander als auch im Hinblick auf deine Schlussfolgerungen widerspruchsfrei sind.

Informale Fehlschlüsse lassen sich nicht durch reine Logik, sondern nur durch Fachkenntnis vermeiden. Deshalb solltest du nicht nur die Beziehungen zwischen deinen Prämissen und Schlussfolgerungen analysieren und offenlegen, sondern mit Sachverstand und Vernunft genauestens überprüfen, ob deine Prämissen denn überhaupt stimmen.

Die kritische Überprüfung deiner Argumente ist ein zweistufiger Prozess: Vermeide zunächst informale Fehlschlüsse, indem du sicherstellst, dass deine Prämissen richtig sind. Vermeide anschließend formale Fehlschlüsse, indem du die Logik unter die Lupe nimmst, mit der du zu deinen Schlussfolgerungen gelangst.

Deine Checkliste für eine logische Argumentationsführung

  • Alle Aussagen sind fundiert (d. h. begründet und belegt).
  • Die Prämissen sind fachlich korrekt.
  • Die Schlussfolgerungen sind nicht vorschnell gezogen, sondern Schritt für Schritt logisch sauber abgeleitet.
  • Die Argumente sind untereinander widerspruchsfrei.

9. Kriterium der Wissenschaftlichkeit: Originalität

Originalität
 9. Kriterium der Wissenschaftlichkeit: Originalität

Bei Dissertationen ist Originalität ein Muss, sei es durch neue Ideen, Konzepte oder Untersuchungsansätze, durch neue Verknüpfungen des bestehenden Wissens, neue Fragen oder innovative Lösungsvorschläge.

Bei Bachelorarbeiten riskieren viele Studierende lieber nichts. Dadurch vergeben sie aber die Chance, sich persönlich und wissenschaftlich weiterzuentwickeln.

Bei aller berechtigten Risikoscheu und bei allem nachvollziehbaren Pragmatismus sollte jede Bachelorarbeit und sogar jede Seminar- oder Hausarbeit eigenständiges Denken zeigen.

Ist die Abschlussarbeit lediglich aus Wiederholungen des bereits Bekannten zusammengeflickt, langweilt das gewaltig. Aber nicht nur diese Sünde des Schreibens beeinträchtigt deine Note. Fehlende Originalität durch Übervorsicht wird dir den Weg zu einer sehr guten Benotung versperren – selbst dann, wenn du alle anderen Bewertungskriterien penibel einhältst.

Klartext: Ohne Originalität und Eigenständigkeit keine Bestnoten.

Herausforderung Originalität

Karl Popper (2009, S. 281) versteht die Erforschung der Welt als »eine schöpferische Kunst«.

Die Ausübung dieser Kunst ist eine schwierige Gratwanderung. Denn obwohl überall Originalität gefordert wird, soll’s i. d. R. (je nach Fachdisziplin und Betreuungspersonen) bitte bloß nicht zu ausgefallen sein, zumal man von einer eher konservativen Grundhaltung der Prüfungskommission ausgehen kann. 😉

Mein Standpunkt: Opportunismus, ängstliches Sicherheitsdenken und eine falsche Fehlerkultur sind zwar keine akademischen Erscheinungen per se, sondern gesamtgesellschaftliche Probleme, dennoch sollten die Hochschulen zunächst Kreativitätstechniken vermitteln und eigenständiges wissenschaftliches Arbeiten fördern, bevor sie Originalität und Eigenständigkeit voraussetzen.

Wie dir die Gratwanderung zwischen Originalität und Sicherheit gelingt

Einerseits musst du das Rad nicht neu erfinden und solltest auf den aktuellen Stand des Wissens aufbauen, andererseits solltest du mutig eigene Gedankengänge entwickeln.

Letzteres setzt erstens voraus, dass du die Forschung zu deinem Thema überblicken kannst.

Zweitens solltest du neue Ideen zunächst kritisch im Kleinen testen, bevor du deine ganze Abschlussarbeit danach ausrichtest.

Drittens solltest du immer den Fokus auf eine eng definierte Aufgabenstellung wahren und zielgerichtet vorgehen, d. h. dich nicht in der fantastischen Welt der Ideen verlieren.

Originalität kannst du durch Verknüpfung von relevantem Wissen mehr oder weniger gezielt herstellen. Diverse Kreativitätstechniken können dir dabei helfen, neue Ideen und Lösungsansätze zu entwickeln.

Beispiele:

  • Wechsle die Perspektive der Problembetrachtung.
  • Probiere verschiedene Brainwriting- und Brainstorming-Techniken aus.
  • Mind-Mapping und Clustering können für die Schreibphase besonders fruchtbar sein.

Deine Checkliste zur Originalität

  • Du erschließt dir das Thema eigenständig und vertraust dabei auf deinen eigenen Kopf – mutig, aber nicht übermütig, sondern kritisch und umsichtig.
  • Du probierst verschiedene Kreativitätstechniken und findest jene, die am besten zu dir passen.
  • Trotz deines umfassenden Übersichtswissens und deiner vielen Ideen bewahrst du den Fokus und bleibst bei deiner eng definierten Aufgabenstellung.

Zwischenfazit

Die Relevanz sollte an jeder Stelle deiner Abschlussarbeit deutlich werden. Logisch sauber argumentieren und Fehlschlüsse vermeiden musst du ebenfalls grundsätzlich immer.  

Etwas anders verhält es sich mit der Originalität, obwohl Bestnoten nur mit Eigenständigkeit und Originalität zu erreichen sind. Der Anspruch auf Originalität wird auf den unteren Stufen der »akademischen Nahrungskette« manchmal vernachlässigt, da zunächst eine wissenschaftliche Arbeitsweise zu erlernen sei.

Dabei bieten gerade Seminar- und Hausarbeiten eine ideale Möglichkeit, sich im eigenständigen und originellen Arbeiten zu üben. Der Mut und das Selbstvertrauen, die hierzu nötig sind, können sich erst durch Freude am Denken und durch Erfolgserlebnisse einstellen. Genau dieses Empowerment durch Feedback habe ich zu einer Säule meiner Coaching-Methode gemacht.

Die beste Nachricht für dich lautet: Ob kritisches und logisches Denken oder sogar Originalität, all dies kannst du trainieren. Viel mehr als deinen Kopf und etwas Geduld mit dir selbst brauchst du dazu nicht.

In der nächsten Folge kommen die letzten drei Kriterien der Wissenschaftlichkeit nach Balzert, Schröder und Schäfer (2017) dran: Nachvollziehbarkeit, Fairness und Verantwortung.

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